Zwei Arbeitslinien sind besser als eine

Knapp drei Wochen sind seit dem letzten Posting vergangen. Diskussionen zwischen Anhängern von Show-Zucht und Anhängern von Arbeitslinienzucht sind in der Hundewelt beileibe nichts Neues. Sie wurden und werden auch in anderen Rassehundeverbänden geführt.

Ungewöhnlich an der aktuellen Diskussion ist eigentlich nur, dass man versucht, den Working-Hunden ihre Daseinsberechtigung und ihren Platz in der Zucht komplett abzusprechen. Das ist – zumindest meines Wissens nach – in dieser Breite ein Novum. Dabei lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Denn die Erklärung für die – doch teilweise erbittert – geführte Diskussion ist recht simpel: In Deutschland hat man im letzten Jahrhundert eine völlig eigene Version einer Arbeitslinie beim Spaniel kreiert. Einen spurlauten Spaniel, der optisch identisch mit den Show-Spaniels ist und mit einem weiteren Radius arbeitet, als das der in England gezüchtete Working Spaniel tut. Das heißt: Nach heutigem Stand gibt es nun also zwei Versionen der Arbeitslinie – sowohl beim Cocker als auch beim Springer: Die deutsche jadgliche Variante und die englische Working Variante.

Eine solche Koexistenz von zwei separaten Arbeitslinien innerhalb einer Rasse, gab es bei anderen Hunderassen in Deutschland zuvor offenbar noch nicht. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass es bei Retrievern oder Border Collies ähnliche Versuche gab, eine deutsche Arbeitslinie zu schaffen.

Was ist nun das Fazit? „Es kann nur Einen geben“? à la Highlander? Oder „Zwei sind besser als Einer“? 😉

Die Antwort ist eigentlich klar: Vielfalt ist grundsätzlich etwas Gutes. Und Vielfalt ist keine Bedrohung. Niemals!

Gerade weil sich die Working Spaniels in ihrer Arbeitsweise so deutlich von den in Deutschland kreierten jagdlichen Spaniels unterscheiden, sind sie keine Bedrohung für die heimische Zucht. Sie sind eine Bereicherung. Weil sie ganz andere Menschen ansprechen, die bisher in den hier gezüchteten Spaniels nicht den Hund für sich gefunden haben. Das gilt insbesondere für Jäger. So wie die deutsche Version des Arbeitsspaniels ihre Fans innerhalb der Jägerschaft hat, so haben die Working Spaniels ihre eigenen, ganz anderen Fans innerhalb der Jägerschaft. Eben je nachdem, welchen Hundetyp Mensch für seine persönlichen Bedürfnisse benötigt. Spurlaut oder leise? Weit jagend oder mit engem Radius? Eigenständig oder mit hohem Will-to-Please? Eben weil sie so unterschiedlich jagen, so unterschiedlich in ihrer Arbeitsweise sind, können sie wunderbar nebenbeinander existieren.

Die Zucht im größten deutschen Spanielklub täte gut daran, diese Vielfalt als einzigartige Stärke zu kommunizieren – und nicht erbitterte Glaubenskriege gegen Liebhaber der gleichen Rasse zu führen.

Und: Man hat nur Einfluss auf das, was man selbst mitgestaltet. Alles andere bedeutet ausgeliefert zu sein.

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