Vom Barfer zum Nichtbarfer

Als verantwortungsvoller Hundehalter kommt man nicht umhin, sich irgendwann mit dem Thema „Ernährung“ auseinander zu setzen.  Kaum hat man den seinen ersten Hund adoptiert, landet man in der Hundeschule/-verein und dort ist das Futter Thema Nummer 1. :-) So ging es mir vor vielen Jahren auch. Inzwischen ist es über 10 Jahre her, dass ich Charon aus dem Tierheim geholt habe… Wie so viele Hundehalter landete ich irgendwann beim Thema Barfen. Zu der damaligen Zeit fing dieses Thema gerade an zu boomen, immer mehr Menschen entdeckten diese Ernährungsform für ihre Hunde. Die ersten Ratgeber/Bücher mitsamt Futterplänen kamen heraus. Eines davon schrieb meine damalige Hundetrainerin. So ist es nicht verwunderlich, dass Charon schließlich auch irgendwann gebarft wurde. Als 2005 Chiara einzog, wurde auch sie gebarft.

Heute, viele Jahre später, gehört das Thema Barfen für mich längst der Vergangenheit an. Warum? Nun, es gibt viele Gründe, die ich hier versuchen möchte zu erläutern, da ich immer wieder danach gefragt werde.

Zum einen bin ich inzwischen nicht mehr der Meinung, dass die Rohfütterung der beste Weg ist, einen Hund zu ernähren. Würden wir alle auf einem Bauernhof leben und unsere eigenen Kühe halten und schlachten, bräuchten wir uns im Hinblick auf die Qualität wohl keine großen Sorgen zu machen. Aber die Realität sieht anders aus: Da wird Fleisch munter im Internet bestellt, in Tiefkühlboxen quer durch die Republik gekarrt um es dann an den eigenen Hund zu verfüttern. Woher das Schlachttier stammt, ob es gesund war, wie alt das Fleisch ist, ob es hygienisch einwandfrei ist – das alles weiß man nicht…

In den vergangenen Jahren habe ich berufsbedingt sehr viel über Lebensmittelskandale berichtet. (Pferdefleischlasagne, Gammelfleisch, Dioxineier, EHEC-Gemüse, Antibiotika-Hühnchen, Klebe-Schinken, Analog-Käse…) Mein Fazit daraus: Bei der Lebensmittelproduktion wird heute unglaublich viel geschlampt. Wenn man sich genauer ansieht, was in unserem Essen landet, dann möchte man am liebsten gar keinen Supermarkt mehr betreten. Leider ist das eher unpraktisch – und im Alltag ziemlich unrealistisch. 😉 Aber eins ist doch klar: Wenn schon bei den Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr so viel Mist passiert, wie sieht das dann wohl bei Fleisch aus, das für Hunde bestimmt ist?

Rohes Fleisch ist ein äußerst empfindliches Lebensmittel. Die meisten Menschen verzichten heute weitgehend auf den Genuss von rohem Fleisch, von Tatar oder Sushi mal abgesehen. Wer einmal eine Lebensmittelvergiftung hatte, weiß wie wichtig Hygiene dabei ist.
Nun aber wieder zu unseren Vierbeinern: Unter Barfern hält sich seit vielen Jahren hartnäckig das Gerücht, für Hunde seien jegliche Krankheitserreger in rohem Fleisch völlig ungefährlich. Sie könnten sich durch rohes Fleisch nicht mit Parasiten, Würmern oder Bakterien infizieren. Der Hund stammt ja vom Wolf ab und kann Fleisch fressen, das man Wochen vorher in der Erde vergraben hat und das von Würmern durchsetzt ist. 😉 Dass sich Hunde sehr wohl mit Parasiten und bakteriellen Erregern infizieren können, weiß nur, wessen Hund bereits selbst betroffen war. Magenschleimhautentzündung durch vergammeltes Fleisch und eine multiple Parasiteninfektion sind zwei Beispiele von Hunden aus meinem näheren Umfeld. (Natürlich kann man nicht 100%ig belegen, dass rohes Fleisch in beiden Fällen die Ursache war. Es erscheint jedoch sehr wahrscheinlich.)

Auch hält sich hartnäckig die Behauptung, Knochen bestimmter Tierarten seien ungefährlich. (nur dazu: In meinem Bekanntenkreis gab es bereits zwei Fälle von Knochenkot durch Hühnerhälse! Jenen Knochen, die in jedem Barf-Forum als „Anfängerknochen“ propagiert werden…)

Für mich heißt Barfen inzwischen vor allem eins: ein Risiko eingehen, das ich nicht eindeutig kalkulieren kann… Deshalb bekommt mein Hund nur noch Fleisch, das für den menschlichen Verzehr bestimmt ist. D.h. aus dem Supermarkt – und ganz sicher nicht aus dem Internet. Und: Das Fleisch wird gekocht und nicht roh verfüttert. Zusätzlich wird täglich eine Portion hochwertiges Fertigfutter gefüttert.

Leider ist das Barfen heute fast eine Religion unter Hundehaltern geworden… Wer es wagt, über Fertigfutter zu sprechen, wird sofort von mindestens einem Barf-Papst darüber aufgeklärt, dass Barf die einzig wahre Ernährungsform ist. Selbstverständlich auch in Bezug auf Krankheiten. Egal was der Hund hat, ob herzkrank, Nierenschaden, Epilepsie – der erste Pauschalratschlag lautet grundsätzlich: Umstellen auf Barf! Dieser übertriebene Kult rund ums Barfen ist in meinen Augen maßlos übertrieben und mit Sicherheit für manchen Hund eher schädlich als nützlich.

Denn: Noch gibt es keine validen Belege dafür, dass Hunde länger leben oder gesünder sind, wenn sie gebarft werden… Eine wissenschaftliche Langzeitstudie zu dem Thema ist i.m.A. längst überfällig…

Mein persönliches Fazit: Warum soll ich meinen Hund diesem unnötigen Risiko aussetzen? Es gibt heute eine ganze Reihe von wirklich gutem Fertigfutter auf dem Markt. Die Zeiten in denen es  – übertrieben ausgedrückt – als Alternative nur Pedigree und Chappi gab, sind längst vorbei!

Zum Schluss hier noch ein paar Artikel zum Nachlesen zu möglichen Risiken. Möge sich jeder selbst ein Urteil bilden:

I. „Rohe, vom Tier stammende Lebensmittel sind häufig mit Krankheitserregern belastet“, erklärt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). „Besonders empfindliche Personengruppen, wie kleine Kinder, Schwangere, Senioren oder Personen mit geschwächter Immunabwehr, sollten diese Lebensmittel daher grundsätzlich nicht roh verzehren“. Mit rohem Fleisch können unter anderem Salmonellen, Campylo­bacter, E. coli einschließlich EHEC, Yersinien, Listerien aber auch Viren und Parasiten übertragen werden. (Link zur Originalquelle)

II: Im Jahre 2011 erkrankten allein in Deutschland über 70.000 Menschen an bakteriellen Infekten hervorgerufen durch Campylobacter. Besonders häufig werden die Bakterien in rohem oder nur halb gegartem Geflügel gefunden. Ferner siedeln sich Campylobacter auch in Rohmilch, Eiern und anderen Fleischarten an. Der Erreger gilt mittlerweile zu den häufigsten Auslösern für entzündliche Darm-Infekte mit Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall sowie Übelkeit und Erbrechen. (Link, Quelle ist auch hier das BfR)

III. Das Verfüttern von rohem Fleisch und ungekochten Schlachtabfällen sowie rohen Eiern stellt für Hunde und Katzen eine erhebliche Infektionsgefahr dar, die von zahlreichen Tierhaltern leider immer noch unterschätzt wird. Mit dem rohen Fleisch können verschiedene Krankheitserreger wie z.B. Parasiten, Viren und Bakterien, übertragen werden.

  • Parasiten: Zysten und Sporozysten der Einzeller (Protozoen z.B.: Toxoplasmen, Sarcozysten (ähnlich der Kokzidien)
  • Eier und Larven von Rundwürmern (Nematoden) z.B.: Ascaris (Spulwurm) Larven, Trichinen Finnen, etc.
  • Eier und Finnen von Bandwürmern (Cestoden) z.B.: Finnen vom Fuchs- oder Hundebandwurm, oder Finnen anderer Bandwürmer
  • Viren: Aujeszky (Pseudotollwut)
  • Bakterien : Colibacillose, Salmonellose (werden häufig bei der Fütterung von rohen, nicht ganz frischen Eiern übertragen.), Listeriose, Yersiniose (Pseudotuberculose), Tuberculose etc. (Link zur Originalquelle)

IV. Und noch ein interessanter Link für Fischesser/Fischfütterer

V. Interessant besonders für Züchter: Neosporose

VI. Und noch ein englischsprachiger Artikel mit umfangreichen Quellenangaben

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